In ganz Europa herrscht seit einigen Jahren zunehmend Trockenheit, die sich mittlerweile zu einer ausgewachsenen Dürre manifestiert hat. In der Presse liest man Meldungen wie Europa droht größte Dürre seit 500 Jahren, Dürre: Halbe EU ist bedroht oder Katastrophale Dürre in Europa und kein Ende in Sicht!
Dürre in Europa
Seit 2018 gibt es durchgehend zu wenig Regen in Verbindung mit heißen Sommern und steigenden jährlichen Durchschnittstemperaturen.
Ganz besonders hart trifft es aktuell Südeuropa wie zum Beispiel die Poebene in Norditalien. Dort vertrocknen komplette Ernten. Italien ist Europas größter Reisproduzent und Reis benötigt im Anbau sehr viel Wasser, da die Felder unter Wasser stehen müssen. Ausgetrocknete Reisfelder gehören hier inzwischen leider zum Landschaftsbild.
Der Po, Italiens längster Fluss und Lebensader, ist zu einem kleinem Rinnsal geworden was für die Landwirtschaft verheerende Folgen hat, da er bei normalem Wasserstand als Quelle für die Bewässerung dient.
Wie ist die Lage in Deutschland?
Nun ja, ich würde gerne etwas positiveres berichten. Leider sieht es hier nicht viel besser aus. In weiten Landesteilen hat es sehr lange gar nicht oder nicht ausreichend geregnet. Das macht sich unter anderem an dem Pegelstand des Rheins bemerkbar. Er fiel am Freitag an der Messstelle in Kaub auf 40 Zentimeter. Ab einem Pegelstand von unter 30 Zentimetern kommt, laut der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), die Rheinschifffahrt in diesem Bereich „tendenziell zum Erliegen“. Und das hat weitreichende Folgen auf die Landwirtschaft, Stromversorgung und die Versorgung mit Treibstoff.
2018 gab es infolge von Niedrigwasser im Rhein Kraftstoffengpässe an Tankstellen in Süddeutschland, da nicht mehr genug Benzin und Diesel über den Rhein transportiert werden konnten.
Auch dieses Jahr gab es an einigen Tankstellen keinen Sprit mehr. Ich habe zu diesem Thema einen extra Beitrag geschrieben: Tankstellen geht der Kraftstoff aus – Kein Benzin und Diesel mehr an den Zapfsäulen.
Die Stromversorger kämpfen ebenso mit Engpässen. Wir würden gerne Gas sparen und dafür mehr Kohle verfeuern. Allerdings bekommen wir die Kohle nicht in ausreichender Menge per Schiff transportiert. Fehlendes Kühlwasser kann zu Drosselungen bei Kraftwerken führen wie wir das aktuell unter anderem in Frankreich sehen.
Auch die Grundwasserspiegel sinken merklich. Immer wieder hört man von Brunnen die kein oder nur noch wenig Wasser fördern können. Die Trinkwasserversorgung ist noch nicht gefährdet, aber es ist schon ein deutliches Warnsignal, dass in so einem wasserreichen Land wie Deutschland, die ersten Brunnen versiegen.
Aber nicht nur das Grundwasser sinkt. Die Böden sind mittlerweile bis in tiefe Bodenschichten so stark ausgetrocknet, dass kurzzeitige Regenschauer das gar nicht mehr ausgleichen können.
Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung stellt auf ihrer Homepage den sogenannten Dürremonitor zur Verfügung. Hier findet man tagesaktuelle Karten die den Bodenfeuchtezustand Deutschlands übersichtlich darstellen.
Wie man sieht, ist der Boden bis in eine Tiefe von 1,8 Meter nahezu vollständig ausgetrocknet. Lediglich im hohen Norden zwischen Hamburg und Flensburg gibt es im Boden noch ein wenig Wasser. Pflanzenverfügbares Wasser, also Wasser das in den Poren des Bodens für die Pflanzen direkt zu Verfügung steht, gibt es dort aber auch keins mehr.
Abwasser versickern lassen?
Frisch aus dem Urlaub gekommen schreibe ich nun an diesem Artikel. Die Idee dazu kam mir tatsächlich in unserem Ferienhaus auf der kroatischen Halbinsel Istrien als die Vermieterin erzählte, dass das Haus noch eine Sickergrube besitzt und sich entschuldigte, dass der Rasen komplett vertrocknet war weil sie wegen der Dürre nicht mehr wässern dürfen.
Istrien hat, ähnlich wie ganz Europa, einen massiven Wassermangel, weswegen Trinkwasser stark rationiert wird und nur noch zum kochen, trinken, und duschen / baden verwendet werden darf. Autowäschen, wässern von Grünflächen und teilweise auch das nachfüllen von Pools ist strengstens verboten.
Aus meiner eigenen Kindheit kenne ich noch das Prinzip der Sickergrube zur Abwasserbeseitigung. In meinem Elternhaus wurde vor ca. 15-20 Jahren der Kanalanschluss gebaut. Davor gab es eine Dreikammer Klärgrube mit nachgeschalteter Sickergrube.
Auf den ersten Blick klingt die Kanalisation ja wirklich super. Sie muss (in der Regel) nicht mehr ausgepumpt werden, ist hygienisch, das Wasser kann Zentral gereinigt werden und fließt in einen Fluss ab, man kann große Städte ohne Verunreinigung einfach und schnell entwässern, etc…
Nur wird meiner Meinung nach ein Aspekt vergessen. Wir pumpen unser Trinkwasser aus den Grundwasserleitern nach oben, benutzen es und schicken es danach auf eine lange Reise in das nächstgelegene Klärwerk und dann in einen Fluss bis es irgendwann im Meer landet. Bis es von dort aber wieder in unserem Grundwasser landet, kann es eine ganze Weile dauern. Wenn es, bei den heutigen Wetterverhältnissen, überhaupt wieder über den Regen hier her kommt.
Wäre da die Versickerung nicht eine deutlich charmantere Lösung? Das Wasser würde an der Stelle (oder zumindest in der Nähe) versickern an der es auch gefördert wurde. Das wurde früher ohne darüber nachzudenken mit Sickergruben ganz einfach praktiziert. Und heute landet das Wasser tausende Kilometer entfernt in einem Meer während unsere Grundwasserspiegel sinken und sinken.
Beispiel: Ayinger Privatbrauerei
Die Brauerei Aying Franz Inselkammer KG legt generell sehr viel Wert auf den schonenden Umgang mit den hier in der Region zur Verfügung stehenden Ressourcen. Mit ihren insgesamt vier eigenen Brunnen fördern sie aus unterschiedlichen Tiefen ihr gesamtes Wasser selbst. Ob es als Brauwasser oder Prozesswasser verwendet wird, alles kommt aus dem Einzugsgebiet Aying.
Das gesamte Abwasser der Brauerei wird in eigenen Mischbecken vorgeklärt und anschliessend auf benachbarten Feldern verregnet. So gelangt das „verbrauchte“ Wasser nach der Nutzung nur ein paar hundert Meter weiter wieder in die Erde und somit in das Grundwasser zurück.
Natürlich verdunstet bei der Verregnung auch einiges an Wasser. Meiner Meinung nach ist das aber immer noch deutlich nachhaltiger, als das Wasser über Flüsse „zu entsorgen“.
Versickern, aber wie?
Selbstverständlich möchte ich mit diesem Post nicht dazu aufrufen den Rückschritt zu Sickergruben für jeden Privathaushalt zu gehen. Die Kanalisation, wie wir sie jetzt haben, kann durchaus weiter bestehen. Nur sollten wir das gereinigte Abwasser aus den Kläranlagen nicht in Flüsse leiten sondern vor Ort versickern lassen. Das könnte man über Verregnung oder entsprechend dimensionierte Gruben / Seen realisieren. Es gibt spezialisierte Unternehmen die sich diesem Thema angenommen haben. Bei Kläranlagenprofi findet man weitere Informationen.
Den Vorteil der vorhanden Infrastruktur und der zentralisierten Abwasseraufbereitung könnte man somit weiter nutzen und das genutzte Wasser in der der Region behalten.
Sinkende Grundwasserstände wegen Entwässerung über die Kanalisation?
Könnte es also sein, dass unsere Grundwasserspiegel sinken, weil wir zunehmend das hier geförderte Grundwasser über das Kanalnetz in Flüsse leiten und somit „endgültig“ aus unserer Region „entsorgen“?
Das ist vermutlich nicht ganz so einfach zu beantworten. Ich habe bisher auch noch keine Antwort auf diese Frage im Internet gefunden. Dass sich damit noch niemand auseinandergesetzt hat, kann ich mir zwar fast nicht vorstellen aber vielleicht entwickelt sich durch diesen Post eine Diskussion zu diesem Thema?
Fazit
Ob die sinkenden Grundwasserspiegel im wasserreichen Deutschland mit dem über die letzten Jahrzehnte zunehmenden Ausbau der Kanalisation in Zusammenhang stehen, kann ich hier leider nicht beantworten. Für mein Verständnis könnte an dem Gedanken aber schon etwas dran sein.
Klar ist auch, dass die Versickerung von Abwasser keine direkte Hilfe bei der aktuell vorherrschenden Dürre in Europa sein kann. Aber es würde uns vielleicht helfen, in solchen extremen Zeiten, länger auf die kostbare Ressource Grundwasser zurückgreifen zu können.
Niederschlagsmengen in Süddeutschland
An meiner nächstgelegenen Wetterstation kann man sehen wie wenig Niederschlag tatsächlich in den letzten 8 Wochen gefallen ist. Nennenswert sind nur die 14 l/qm am 04.07.2022 und die 40 l/qm am 25.07.2022. Insgesamt ist viel zu wenig Regen gefallen. Die 40 l im Juli haben zwar kurzzeitig Entspannung gebracht aber wie man sehen kann, hat es danach auch nicht mehr geregnet. Das gefallene Wasser ist inzwischen verbraucht und in das Grundwasser konnte davon gar nichts gelangen.
24. August 2024 um 23:46
Bis jetzt wusste ich nicht, dass in Italien Reis angebaut wird. Aber vielen Dank für die ganzen Einblicke. Gerade in Norddeutschland hatten wir leider genau das Gegenteil wettertechnisch.
25. August 2024 um 7:54
Hallo Jan,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Das wusste ich tatsächlich auch sehr lange nicht. Seitdem achte ich aber darauf, dass mein Risottoreis auch wirklich aus Italien kommt.
Du beziehst dich vermutlich auf dieses Jahr, oder?
Das war ja eh ein Wechselbad der Gefühle 😉
Mein Beitrag ist ja schon von 2022 gewesen.
Beste Grüße,
Alex